Jung, dynamisch, groß gewachsen, gut aussehend und gekleidet im Maßanzug. So kommt er daher, als wir ihn zu einem Gespräch in seinen Räumlichkeiten in Baden-Baden treffen. Matthias Vickermann entspricht so gar nicht dem Bild, das einem landläufig bei einem Schuhmacher in den Sinn kommt. Er verkörpert die neue Generation eines traditionellen Handwerks. Vorbei die Zeiten, in denen Massschuhe eher prothetischen Charakter hatten. Eleganz, Hochwertigkeit und feinste Materialien sind die verbindenden Elemente aller Produkte, die die Werkstatt der beiden Protagonisten Matthias Vickermann und Martin Stoya verlassen.

Herr Vickermann, was zeichnet Ihre Schuhe aus?

Erstens, dass man sie nicht erkennt. Bei uns gibt es kein Logo oder roten Streifen auf der Sohle. Es gibt nichts, an dem Sie einen Schuh von uns erkennen könnten. Wir setzen auf Understatement. Zweitens. Reinste Orthopädie in Kombination mit traditionellem Schuhhandwerk. Sie bekommen bei uns einen top-modernen knallroten Krokoschuh aber gleichzeitig die orthopädische Versorgung, die der Fuß braucht. Drittens. Individualität. Jeder Schuh ist ein Unikat. Und Viertens die Langlebigkeit. Bei richtiger Pflege und regelmäßigen Reparaturen halten unsere Schuhe durchaus zwanzig oder fünfundzwanzig Jahre.

Und wie entsteht so ein Maßschuh bei Ihnen?

Nachdem wir die Füße des Kunden vermessen haben wird ein Abbild des Fußes aus Holz von Hand gefertigt, der sogenannte Leisten. Mit diesem Leisten als Grundlage fertigen wir dann einen schlichten schwarzen Probeschuh mit einem weichen Innenfutter. Nach etwa sechs Wochen erhält der Kunde zusammen mit diesem Schuhpaar eine detaillierte Gebrauchsanleitung. Nachdem er ihn dann zwei Wochen getragen und uns zurückgeschickt hat, schneiden wir die Schuhe auf und begutachten das „Laufbild“. Erst dann fangen wir mit dem endgültigen Maßschuh an. Natürlich kann es vorkommen, dass ein Kunde mit dem Probeschuh einmal nicht zurecht kommt. Dann wiederholen wir diese Prozedur eben.

Bleiben Sie während dieser Zeit mit dem Kunden im Kontakt?

Selbstverständlich müssen wir erfahren, ob er mit dem Probeschuh zurecht kommt oder wo der berühmte Schuh „drückt“. Das machen wir sowohl telefonisch als auch per E-Mail. Manchmal senden uns Kunden auch Bilder, um zu zeigen, wo etwas verändert werden sollte. Für uns ist die Kundennähe ganz besonders wichtig. Mein Partner Herr Stoya und ich kennen jeden Kunden. Und das soll auch so bleiben.

Wie lange dauert es bis der Kunde sich dann endlich über das ersehnte Paar Maßschuhe freuen kann?

Auf das erste Paar müssen Kunden im Schnitt etwa vier Monate warten. Bei Nachbestellung geht es dann natürlich schneller. In Einzelfällen schaffen wir es auch einmal in drei Monaten. Aber schneller geht es wirklich nicht. Selbst wenn uns Kunden den dreifachen Preis anbieten würden. Es geht nicht.

Der Kunde, der sich für Ihr Produkt entscheidet, ist also durchaus bereit, länger auf seine Bestellung zu warten. Da steht die Begehrlichkeit über der sofortigen Verfügbarkeit. Ihre Schuhe liegen ja nicht irgendwo herum und warten auf Käufer.

Das ist absolut richtig. Ein Großteil unserer Kunden ist es gewohnt mit dem Vorsatz in ein Geschäft zu gehen, jetzt will ich konsumieren. Ich hab immer die Möglichkeit zu kaufen. Ich bekomme immer alles sofort. Häufig ist es eben nur eine Frage des Geldes. Und das gibt es bei uns eben nicht.

Und woher kommen Ihre Kunden?

Als wir vor zwölf Jahren begonnen haben ging es uns immer darum, Standort unabhängig zu sein. Und so haben wir gerade zu Beginn starke Präsenz in Städten wie Hamburg oder Berlin gezeigt. Häufig bei Veranstaltung von Kooperationspartnern wie Bentley und Vertu. Das waren dann schon einmal knapp vierzig Events pro Jahr. Mittlerweile haben wir das aber zurückgefahren und machen jetzt nur noch acht bis zehn jährlich. Darunter auch unsere zweimal jährlich stattfindenden Aktionen auf der MS Europa. Aber dieser Einsatz hat sich gelohnt. Unsere Kunden kommen von überall her. Nur etwa sieben Prozent aus der Baden-Badener Umgebung. Und Neukunden gewinnen wir in erster Linie durch Empfehlungen und Mund-zu-Mund Propaganda. Da bringen Kunden dann schon mal ihre Freunde mit zu Veranstaltungen. Und so können wir uns über unsere Auftragslage nicht beklagen.

Reparieren Sie auch Schuhe?

Ja. Das ist für uns ein ganz wichtiger Service. Wenn man über Wochen an einem Paar Schuhe gearbeitet hat, möchte man natürlich nicht, dass sie in falsche Hände kommen. Damit die Reparatur bei uns keine unnötige Hürde darstellt haben wir die Preise für diesen Service bewusst günstig gestaltet. Wir möchten vermeiden, dass Kunden aufgrund der Reparaturpreise die Schuhe zu einem x-beliebigen Reparaturservice bringen, der dann häufig nicht weiß, was er da in Händen hält. Und diesen Service bieten wir nicht nur für unsere eigenen Schuhe an. Das gilt insbesondere für hochpreisige Damenschuhe wie Louboutins oder Jimmy Choo.

Herr Vickermann, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg.